Osteopathische Behandlung bei frühkindlichem Innenschielen. Eine randomisierte kontrollierte Studie.

Reimann B., Schiedt R.

Studienziel (objective):Welchen Einfluß hat die osteopathische Behandlung auf den Schweregrad des Schielwinkels bei Kindern mit frühkindlichen Innenschielen (congenitale/infantile Esotropie)?

Randomisierte kontrollierte klinische Studie.

Setting:Die Patientenrekrutierung erfolgte durch Kontakte mit Augenkliniken, Augenärzten, Optikern und Kindergärten in den Umgebungen von Düsseldorf und Bad Neuenahr.

Patienten:60 Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren (im Mittel 4 Jahre) mit ärztlich diagnostiziertem frühkindlichem Innenschielen. Die Kinder wurden durch externe Randomisierung der Interventionsgruppe (30) sowie der Kontrollgruppe zugeordnet (30). Zwei Kinder der Interventionsgruppe schieden im Verlauf der Studie aus.

Intervention: In der Interventionsgruppe fanden vier osteopathische Behandlungen im Abstand von je zwei Wochen statt. Die osteopathische Befunderhebung erfolgte ohne festgelegtes Schema nach dem „Black-Box-Prinzip“. Behandelt wurden die individuell am Behandlungstag vorgefundenen osteopathischen Dysfunktionen nach den Prinzipien der Osteopathie im kranialen, viszeralen und parietalen System. Die Kontrollgruppe blieb während des Studienverlaufs unbehandelt. Beide Gruppen erhielten die Okklusionsbehandlung als Amblyopieprophylaxe.

Zielparameter: Ausprägung des Schielwinkels (Fern- und Nahwinkel) gemessen mit dem Prismen Cover-Test. Die Durchführung der Messungen erfolgte durch die jeweils behandelnde Orthoptistin.

Ergebnisse: In der Interventionsgruppe verbesserte sich der Fernwinkel im Verlauf der Studie geringfügig vom initialen Mittelwert 20.5° auf 19.1° (Verbesserung 6.8%, p=0.174, 95% CI= -0.6 bis 3.3). In der Kontrollgruppe konnte keine Veränderung des Fernwinkels festgestellt werden. Der Nahwinkel beider Gruppen blieb nahezu unverändert. Auch im direkten Vergleich zwischen den beiden Gruppen ergab sich keine statistische Signifikanz.

Fazit (conclusions): In dieser Studie konnte keine klinisch relevante Verbesserung des Schielwinkels durch die osteopathische Behandlungen aufgezeigt werden. Mögliche Erklärungen für dieses Ergebnis könnten sein,

- dass die Schielwinkelausprägung beim frühkindlichen Innenschielen einer natürlichen Variabilität unterliegt und deshalb durch mehrere Schielwinkelmessungen im Studienverlauf die Ergebnisse objektiviert werden sollten.

- dass ein längerer Beobachtungszeitraum und eine größere Anzahl von osteopathischen Behandlungen nötig gewesen wären, um Effekte aufzuzeigen.

- das eine frühest mögliche Diagnosestellung innerhalb des ersten Lebensjahres, in dem sich die binokulare Interaktion entwickelt, notwendig wäre, um einen adäquaten Behandlungsbeginn zu ermöglichen.