Wirkung von osteopathischen Behandlungen auf die Rechtschreib-leistung bei Kindern mit diagnostizierter Lese-Rechtschreibschwäche. Eine randomisierte kontrollierte Studie

Künzig M., Beichle F., Schmidt-Hein J.

Studienziel (objective):Die Studie sollte die Frage beantworten, ob eine nach WHO Standard (ICD 10) festgestellte Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) bei Kindern der 3. und 4. Schulklasse durch osteopathische Behandlungen beeinflussbar ist.

Studiendesign (design): Randomisierte, kontrollierte Studie (RCT).

Setting:Die Studie war multizentrisch und grenzüberschreitend angelegt. An der Studie nahmen Kinder aus Deutschland (Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg) sowie Österreich (Kärnten) teil. Die Rekrutierung der Kinder erfolgte unter anderem über Pädagogen, Psychologen, Legasthenietrainer und Medien. Der Behandlungszeitraum erstreckte sich von Januar bis Juli 2005. Die Behandlungen wurden von 3 fertig ausgebildeten Osteopathen in ihren privaten Osteopathiepraxen durchgeführt.

Patienten:An der Studie nahmen 58 Kinder mit einer diagnostizierten LRS (nach ICD 10) teil. 6 Kinder schieden im Verlauf der Studie aus. Die Kinder wurden regelgerecht eingeschult und besuchten zum Zeitpunkt der Untersuchung die dritte oder vierte Grundschulklasse (Alter im Mittel 9.6, 16 Mädchen und 36 Buben). Mittels externer Randomisierung wurden 28 Kinder der Interventionsgruppe und 24 der Kontrollgruppe zugeteilt.

BehandlungenDie Kinder der Behandlungsgruppe wurden 4-mal im Abstand von 2-5 Wochen osteopathisch behandelt. Es wurden individuell die am Behandlungstag gefundenen osteopathischen Dysfunktionen im kranialen, viszeralen und paritetalen System diagnostiziert und behandelt. Die Kinder der Kontrollgruppe blieben unbehandelt.

ZielparameterPrimärer Zielparameter war die Verbesserung der Rechtschreibleistung, erfasst durch die Hamburger Schreibprobe (HSP nach May), einem in Deutschland üblichen Rechtschreib-test. Als sekundäre Zielparameter wurden ein Bewertungsbogen für Eltern über Verhalten, Lernge-wohnheiten und sowie Zeugnisnoten sowie ein Selbsteinschätzungsbogen für Kinder verwendet.

Ergebnisse:Bei der Interventionsgruppe verbesserten sich im Verlauf die 5 Items der HSP geringfügig um 2.4% bis 3.1%. Eine klinisch relevante Verbesserung und statistische Signifikanz konnte jedoch nicht erzielt werden. Die Kontrollgruppe verschlechtere sich im Studienzeitraum. Auch im direkten Vergleich zwischen den beiden Gruppen ergab sich keine statistische Signifikanz. Nur bei einem der HSP - Kriterien, der alphabetischen Strategie, konnte bei der Subgruppe der Viertklässler (n=11 gegenüber n=8 der Kontrollgruppe) eine signifikante V erbesserung zugunsten der osteopathischen Behandlung erzielt werden (p=0.010). Eine ähnliche Tendenz wiesen die erhobenen Nebenparameter auf, wobei die deutlichste Verbesserung in der Kategorie körperlich-emotionales Wohlbefinden zu sehen ist.

Fazit (conclusions): In unserer Studie konnten wir keine klinisch relevante Verbesserung der LRS mittels osteopathischen Behandlungen belegen. Dies mag daran liegen, dass wir Kinder unterschiedlicher LRS-Genese mit einer Methode behandelt haben, die möglicherweise in einzelnen Fällen Erfolg hat, in anderen wiederum nicht. Da wir während unserer Studie erneut die subjektive Erfahrung machen konnten, dass Eltern und Kinder auffällig oft von Verbesserungen berichtet haben, die sich aber in unseren Ergebnissen nicht ausdrückten, ist es möglicherweise eine Frage des Studiendesigns und der Messmethode, diese Verbesserungen auch messbar zu machen.