Osteopathische Behandlung von Frauen mit Harninkontinenz nach Verletzung des Perineums unter der Entbindung. Eine randomisierte kontrollierte Studie. |
Gerhardt K., Montag G. Studienziel: Ziel dieser Studie ist die Evaluation der Effektivität der osteopathischen Behandlung zusätzlich zur Standardtherapie Beckenbodengymnastik in Hinsicht auf die symptomspezifische Lebensqualität von Frauen mit Harninkontinenz, die unter einer Entbindung eine Verletzung des Perineums erlitten haben. Studiendesign: Randomisierte kontrollierte Studie. Setting: Die Studie wurde von zwei an der Still Academy ausgebildeten Osteopathinnen in ihren Praxen in Münster durchgeführt. Die Rekrutierung der Patientinnen erfolgte über Gynäkologinnen/Gynäkologen und Hebammen. Patienten: An der Studie nahmen 60 Patientinnen (Alter im Mittel 37,5 ± 4,5 Jahre) mit ärztlich bestätigter Diagnose Harninkontinenz teil. Zusätzlich bestand die Vorraussetzung, dass bei mindestens einer vaginalen Entbindung eine Episiotomie durchgeführt worden war oder ein Dammriss vorlag. Durch externe Randomisierung wurden je 30 Patientinnen der Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe zugeteilt. Zwei Patienten der Interventionsgruppe schieden im Verlauf der Studie aus. Interventionen: Die Patientinnen der Interventionsgruppe erhielten 4 osteopathische Behandlungen im Abstand von jeweils 3 Wochen. In beiden Gruppen fand während des 9-wöchigen Interventions-zeitraums die Anleitung zur Beckenbodengymnastik statt, die zusätzlich selbständig durchgeführt werden sollte. Die osteopathischen Dysfunktionen im viszeralen, parietalen und kranialen System wurden entsprechend dem individuellen Befund des Patienten am Behandlungstag erfasst und nach den Prinzipien der Osteopathie behandelt. Zielparameter: Der primäre Zielparameter war die symptomspezifische Lebensqualität bei Harninkontinenz, ermittelt über den King´s Health Questionnaire (KHQ). Als sekundäre Zielparameter wurden Anzahl der täglichen Toilettengänge und die unfreiwilligen Urinverluste mittels Miktionstagebuch erfasst. Ergebnisse: Der Gesamtscore des KHQ konnte nur bei ca. 40 Patientinnen aufgrund fehlender Werte berechnet werden. In der Interventionsgruppe verbesserte sich die symptomspezifische Lebensqualität bis zum Ende der Behandlungen signifikant von 34% auf 19%, was einer Verbesserung von 44% entspricht (p<0,0005; 95% CI=8,6 bis 21,4), im Gegensatz zur Kontrollgruppe in der die Verbesserung mit 31% geringer ausfiel (p=0,011; 95% CI=2,6 bis 16,6). Der direkte Vergleich zwischen beiden Gruppen ergab keine statistische Signifikanz zugunsten einer Gruppe (p=0,24; 95%CI=-3,7 bis 14,6). Auch bei den 9 Einzel-Items des KHQ ergab sich nur ein einem Item „Einschränkungen der täglichen Aktivitäten“ ein signifikanter Unterschied (p = 0,007, 95% CI=3,1 bis 25,8). Durch Ersatz der fehlenden Werte (einmal Mittelwert des entsprechenden Items, einmal durch den schlecht möglichsten Wert), konnten die gesamten 60 Patientinnen ausgewertet werden. Der Gesamtscore des KHQ wies dann eine statistische Signifikanz zugunsten der osteopathisch behandelten Gruppe auf. Die Anzahl der „unfreiwilligen Urinverluste“ verringerte sich in der osteopathisch behandelten Gruppe etwas mehr (80% vs. 71%). Fazit (conclusions): Vier osteopathische Behandlungen im Abstand von 3 Wochen zusätzlich zu einer physiotherapeutisch angeleiteten Beckenbodengymnastik zeigten einen klinisch relevanten Einfluss auf die symptomspezifische Lebensqualität bei Patientinnen mit Harninkontinenz infolge einer Verletzung des Perineums. Die Osteopathie scheint eine geeignete Therapieform in der Behandlung der Harninkontinenz bei Frauen infolge Perineumsverletzung darzustellen. |